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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783446204478
Sprache: Deutsch
Umfang: 320 S.
Format (T/L/B): 2.7 x 24.3 x 17.2 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Die Geschichten zur "Weltgeschichte", Manfred Mais fabelhaftem Bestseller - erzählt von Homer und Konfuzius über Rousseau und Kant bis hin zu Solschenizyn und Haffner! Manfred Mai hat für sein Lesebuch Zeitdokumente wie historische und literarische Originaltexte ausgewählt, die Schlaglichter auf die wichtigsten Epochen werfen. Dadurch wird Geschichte begreifbar und lebendig. Eine ideale Ergänzung zur Weltgeschichte.

Autorenportrait

Homepage von Manfred Mai

Leseprobe

England und Frankreich führten zwischen 1338 und 1453 den so genannten Hundertjährigen Krieg. Als die Engländer schon tief in Frankreich und kurz vor der Erstürmung der königlichen Residenz in Orleans standen, erschien das 17-jährige Bauernmädchen Jeanne d¿Arc beim König und erklärte, Gott habe sie zur Rettung Frankreichs geschickt. Die Geschichte der Jeanne d¿Arc war für viele Schriftsteller ein reizvolles Thema, nicht nur in Frankreich. So schrieb zum Beispiel Bertolt Brecht einStück über -Die heilige Johanna der Schlachthöfe-. Der hier abgedruckte Auszug stammt aus dem Jugendroman -Das Mädchen Jeanne d¿Arc-. -Ob ich Recht tat, sie heute Abend ins Schloss kommen zu lassen, was meint Ihr, Bischof? Der Zug ist an Euch.- Karl saß an dem kunstvoll eingelegten Schachtisch, einen spitzen Ellbogen aufgestützt, die Augenbrauen hochgezogen. Blinzelnd betrachtete er seinen Partner, gelangweilt und ein wenig ratlos. Im offenen Feuer des Kamins knallte ein großes Eichenscheit und fing prasselnd zu brennen an. Langsam griff eine beringte Hand nach dem Läufer am linken Eck des Schachbretts, eine volle Stimme räusperte sich. -Ihr seht wohl, Sire, dass ich Euch mit einem Zug matt setzen kann. Nehmt den Bauern zurück. Ihr habt an anderes gedacht.- Reginald, dem Titel nach Kanzler von Frankreich, war auch Erzbischof von Reims, doch hatte er sein Bistum nie gesehen, weil die alte Krönungsstadt auf englischem Gebiete lag. Er faltete die Hände über dem violetten Tuch seiner Sutane, während Karl mit verlegenem Griff den Bauern zurücknahm und einen Turm vorschob. -Dieser Zug war der einzig Mögliche, Sire. Er nötigt mich, meine Königin zu verteidigen ... Was das Bauernmädchen anbelangt, nun, Ihr wisst, ich war weder dafür noch dagegen, dass Ihr sie empfangt. Aber da sie seit zwei Tagen in der Stadt unten sitzt und nur auf die Einladung wartet, scheint es mir etwas spät zur Überlegung.- Karl sah auf das Schachbrett nieder und brütete über dem Spiel, aber da Reginald mit seinem Zug zögerte, stand er auf, ging mit langen Beinen, die in der eng anliegenden Tuchhose kümmerlich mager erschienen, ans Fenster und sah in den Regen hinaus, der über knospende Bäume und die grauen Zinnen der Schlossmauer fiel. -Ihr habt heute wohl wenig Lust zum Spiel, Sire.- Väterlich lächelte es aus dem wohlgefärbten, trotz der Jahre noch straffen Gesicht des Erzbischofs. Als Karl sich vom Fenster wandte und an den Tisch zurückkehrte, senkte Reginald die Augen, die er rasch und prüfend gehoben hatte. -Wozu soll ich noch Lust haben? Seit drei Wochen hat mein Schatzmeister sich von meinen Köchen das Geld vorstrecken lassen. Die Fische sind unbezahlt, die wir essen, und da, seht her, meine Ärmel -- Karl hielt den Arm unter des Bischofs unbewegtes Gesicht. Kunstvoll war ein viereckiger Fleck auf jene Stelle des samtenen Wamses genäht, die sein Ellbogen durchbohrt hatte. Mit ärgerlicher Bewegung schob er das Schachbrett von sich. -König von Frankreich soll ich mich nennen und bin es bis heute nicht. Wisst Ihr, was mir gestern ein Untertan schrieb?- Seine Stimme wurde dünn, als säßen ihm Tränen an der Kehle. -Ihr, der Ihr Euch König von Frankreich nennt!- Reginald wusste, dass Karl noch weit dreistere Briefe erhielt, und leider waren sie nicht nur Verleumdung: er verstecke sich auf seinen Schlössern und an üblen Orten und höre sich nie die Klagen seines armen Volkes an. -Warum rügt Ihr nicht solche Unziemlichkeiten?-, fragte er. -Weil die ganze Welt weiß, dass meine eigene Mutter geschworen hat, ich sei nicht der Sohn meines Vaters, weil niemand an mich glaubt, und weil es besser wäre, ich würde nach Aragonien fliehen. Seit sieben Jahren bete ich zu Gott um Klarheit, aber er gibt mir keine Antwort und bald wird es zu spät sein. Wenn der König von Aragonien keine Hilfstruppen schickt, bleibt mir nur noch die Flucht nach Schottland.- Reginald sitzt reglos, als höre er die Beichte, er wartet geduldig und a ... Leseprobe